Auto weg! Liebe gefunden.
Es herrscht Handlungsbedarf. Die Expansion meiner Geheimratsecken zwingt mich zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Ich bin seit zwei Jahren allein. Zwei lange Jahre ohne Zärtlichkeit, ohne Lachen und ohne Liebesglück. Eine pragmatische Kollegin aus dem Nachbarbüro legt mir den zerfledderten Annoncenteil einer Tageszeitung ins Fach. Doch mein Auge bleibt an keiner Kontaktanzeige kleben. Schließlich zweckentfremde ich die Zeitung und wickle meine abgepellten Apfelsinenschalen darin ein. Und dann das: Mein Daumen… direkt auf der Anzeige von der Partnervermittlung Der gemeinsame Weg. Ich schiebe einen klebrigen Kern beiseite und notiere mir die Telefonnummer. Es ist ein sonniger Frühlingstag, als ich den Mut habe und diese Nummer anrufe. Die Partnervermittlerin Ingrid Kreuzer hat eine sympathische Stimme und überzeugt mich zu einem persönlichen Gespräch. Es ist ein verregneter Apriltag, als ich mich bei einer dampfenden Tasse Kaffee für die Partnervermittlung entscheide. Ich unterschreibe und der Apriltag kommt mir gar nicht mehr verregnet vor. Wochen vergehen.
Louisa wohnt viel zu weit weg. Susanna hat einen Schäferhund. Floriane hat es sich anders überlegt. Carola ist frisch verliebt. In einen anderen. Ich beschuldige meine Geheimratsecken, dass es mit den Frauen nicht klappt. Die Richtige ist einfach nicht dabei. Will ich mich überhaupt noch mit dieser Theresa verabreden? Ich verfrachte meinen inneren Schweinehund in eine geheime Geheimratsecke und rufe sie an.
Wir vereinbaren einen Main-Spaziergang. Am Eisernen Steg zwischen all den bunten Liebesschlössern wartet Theresa. Sie muss es sein. Ihre sinnliche Figur, ihre selbstbewusste Ausstrahlung faszinieren mich. Ihr Händedruck ist weich und voller Lebenskraft. Vielleicht zwei Sekunden länger als üblich halte ich diese Hand fest. Dann lasse ich sie los. Theresa wird längst meine Geheimratsecken entdeckt haben, die leider kein Geheimnis aus sich machen, und sagen: Ich muss dann mal los.
„Sie haben eine schöne Stirn.“, lächelt Theresa. Und alles blüht in ihren Worten. So wie die Bäume, die unseren Weg am Main säumen. Buntbelaubt und blütenschwer. Wir spazieren am Wasser entlang. Plaudern wie vertraute Seelen. Lachen wie Kinder. Nach zwei erfüllten Stunden verabschieden wir uns am Eisernen Steg. Zwischen all den Liebesschlössern. Ich sehe ihrer Gestalt lange nach, wie sie Richtung Römer entschwindet. Ich bummle noch etwas selbstverloren durch die Stadt. Meine Gedanken sind voller Theresa. Als ich das Autohaus betrete, kratze ich mich verlegen an den Geheimratsecken. Mein Auto ist verschwunden. Ich finde es nicht. Diese wunderbare Frau hat mich vergessen lassen, wo ich es geparkt habe. Etwas hilflos suche ich Theresas Telefonnummer im Adressbuch meines Mobiltelefons. Freizeichen.
„Ja, bitte?“
„Ähm. Ich bin es… Philipp. Ich stehe im Autohaus und finde meinen blauen Seat nicht wieder.“
„Und du bist dir sicher, dass du nicht mit dem Fahrrad in die Stadt gekommen bist?“
Ich höre ihr Lächeln. Glücklicherweise ist auch Theresa noch in der Nähe und gemeinsam suchen wir nach meinem Auto. Die schäbigen Betonwände und die staubigen Parklücken verlieren zusammen mit Theresa all ihr Grau. Als wir meinen blauen Seat in der dritten Etage entdecken, bedaure ich, dass wir im richtigen Parkhaus gesucht haben. Jede Minute mit dieser Frau ist wertvoll.
Mittlerweile sind wir ein Paar und mit uns viele Tage voller Glück. Wir lachen miteinander, leben zusammen und lieben uns. Theresa fängt mich auf. Wenn ich traurig bin, streichen ihr Hände zärtlich über meine Stirn. Der Weg, über eine Partnervermittlung meine große Liebe kennenzulernen, war für mich wirklich der richtige Weg.